Groß - größer - am größten: Raubwelse der Gattung Brachyplatystoma

Brachyplatystoma rousseauxii (© Enrico Richter)

Der zur Familie der Pimelodidae gehörenden Gattung Brachyplatystoma sind derzeit insgesamt sieben Arten zuzuordnen. Sie alle sind in Amazonien beheimatet und zählen mit zu den am meisten beeindruckenden und schönsten Raubwelsen überhaupt. Denn welcher Betrachter ist nicht sofort von dem auffällig silbrig, fast metallisch wirkenden Glanz des hier gezeigten Brachyplatystoma rousseauxii oder den imposanten Zeichnungen der anderen Arten fasziniert?

Leider sind nur wenige Vertreter der Gattung Brachyplatystoma für die Aquaristik – und dann auch nur bedingt – geeignet, denn mit Körperlängen von etwa 60 Zentimetern bis zu gut 2,5 Metern lassen sich diese Flusswelse, die in ihrer Heimat wichtige Nutzfische sind, ohne Weiteres in die „Bullenklasse“ einordnen und setzen größtenteils Beckenlängen in „Schauaquariengröße“ voraus. Für denjenigen allerdings, der ihnen das größtmögliche Becken mit geräumigen Unterständen, aber auch viel freiem Schwimmraum zur Verfügung stellt, können sie sich als durchaus imposante wie faszinierende Pfleglinge erweisen.

Was die allgemeine Beschreibung der Gattung Brachyplatystoma anbelangt, so hat Kai Arendt in seinem Internetbeitrag über „Großwelse – Räuber vom Amazonas“ bereits trefflich formuliert: „Es handelt sich um kräftige torpedoförmige Welse von eleganter Körperform, die exzellent und schnell schwimmen können. Es sind die gefräßigsten Räuber am Amazonas. Sie besitzen eine breite Schnauze mit einem gewaltigen endständigen Maul mit starken Kiefern, die mit vielen spitzen Zähnen besetzt sind.“

Die strömungsliebenden Tiere besitzen drei Bartelpaare, die als eine lebenswichtige Hilfe bei der Orientierung und vor allem bei der Futtersuche und beim Futterfang eingesetzt werden. In der Mehrzahl sind die Brachyplatystoma-Arten keine reinen Lauerräuber, sondern suchen aktiv nach Nahrung.

Beginnen möchte ich gleich mit der größten Art der Gattung, nämlich Brachyplatystoma filamentosum. Sie stammt aus Brasilien, Peru und Kolumbien und kommt dort vor allem in starken Strömungsgebieten wie Wasserfällen vor. Brachyplatystoma filamentosum wächst relativ schnell und kann bei einer Gesamtlänge von rund 2,5 Metern ein Gewicht von letztlich über 200 Kilogramm erreichen. Die nachfolgend gezeigten Exemplare stammen aus Peru. Zumindest anfänglich waren sie sehr schreckhaft und zögerlich bei der Nahrungsaufnahme. Wie zu sehen, verlieren sie ihr hübsches typisches Jugendmuster später im Alter.

 

Die vor allem aus Peru und Brasilien stammende, mit 60 Zentimetern Gesamtlänge vergleichsweise „klein“ bleibende Art Brachyplatystoma platynemum ist insbesondere in der Phase der Eingewöhnung äußerst heikel. Will man sie dauerhaft halten, muss man für eine sehr starke Strömung sorgen. Dieser Wels ist auch extrem wählerisch, was das Futter angeht. Meine Tiere fraßen ausschließlich Alaska-Seelachsfilet und verschmähten andere Nahrung wie Rotbarsch oder Stinte. Bei falscher Haltung neigt Brachyplatystoma platynemum zu starker Schreckhaftigkeit.

 

Brachyplatystoma tigrinum (ehemals Merodontotus tigrinus) kommt in Brasilien (Rio Madeira) und Peru vor und ist einer der spektakulärsten Flusswelse überhaupt. Vor allem seine Zeichnung ist einzigartig. Der Zebraspatelwels, so die deutsche Bezeichnung, erreicht eine Gesamtlänge von etwa 70 Zentimetern, ist sehr ruhig und sollte nicht mit lebhaften, schwimmfreudigen Mitbewohnern vergesellschaftet werden, denn unter Stress gesetzt kann er leicht kümmern und letztlich eingehen. Wichtig sind dichte Verstecke, wo er vor anderen geschützt ruhen kann. Diese Art ist selten im Handel und wird nur aus Peru relativ oft und dann durchweg in kleiner Größe angeboten. Die Preise sind in den letzten Jahren etwas gesunken, aber nach wie vor Oberklasse! Es ist bekannt, dass bei Brachyplatystoma tigrinum des Öfteren mysteriöse Todesfälle bei bereits größeren Exemplaren auftreten. Meiner Meinung nach ist die Ursache fast durchweg in einer falschen beziehungsweise zu häufigen Fütterung und dem Stress durch zu viele, sich überwiegend im Bodenbereich aufhaltende Fische zu suchen.

Brachyplatystoma vaillantii ist in Brasilien, Peru und Kolumbien beheimatet und erreicht eine Maximallänge von 70 Zentimetern, wobei das Wachstum sehr gemäßigt ist. Im Aquarium erweist sich Brachyplatystoma vaillantii als ruhig und friedlich. Selbst innerartlich ist dieser extrem seltene und daher nur ganz ausnahmsweise bei uns einmal im Handel befindliche Wels nicht aggressiv. Sobald er Futter wahrgenommen hat, wird aktiv danach gesucht. 

Brachyplatystoma cf. vaillantii oder Brachyplatystoma spec. wurde etwa im Jahr 2008 das erste Mal aus Peru importiert. Anfänglich dachte man anBrachyplatystoma vaillantii, da diese Art sehr selten importiert wird. Mein Tier maß beim damaligen Import etwa 25 Zentimeter und wurde 35 bis 40 Zentimeter lang. Im Großen Buch der Welse ist ein etwa 60 Zentimeter langes, silbriges Exemplar abgebildet. Leider ist die Art bereits ab einer Größe von 20 Zentimetern sehr unverträglich und bleibt zudem recht scheu. Gefressen wird alles an Fisch sowie Granulate.

 

 

Der aus Peru, Brasilien und Kolumbien stammende Brachyplatystoma juruense wird unter den Brachyplatystoma-Arten am häufigsten importiert. Diese Welse sind ruhig und sehr standorttreu. Nach einer entsprechenden Eingewöhnungsphase lassen sie sich gut mit der Futterzange ernähren. Brachyplatystoma juruense erreicht eine Endlänge von etwa 80 Zentimetern.

  

Einige – intensiver als Brachyplatystoma juruense gefärbte und gezeichnete – Exemplare werden auch als Brachyplatystoma sp. Flash Zebra bezeichnet; vermutlich handelt es sich bei ihnen um Standortvarianten von Brachyplatystoma juruense. Brachyplatystoma sp. Flash Zebra wirkt auch kräftiger in der Gestalt und wächst etwas rascher heran, das Verhalten entspricht allerdings dem von Brachyplatystoma juruense.

 

Brachyplatystoma capapretum ist in Peru beheimatet, wächst sehr schnell und dürfte eine Endlänge von bis zu 2 Metern erreichen. Diese Art ist leicht violett auf silbrigen Grund gefärbt, ihre Filamente sind extrem lang. Brachyplatystoma capapretum ist sehr aktiv. Mein Tier fraß alle Fischsorten.

 

Der in Peru, Brasilien (Rio Madeira) und Kolumbien beheimatete Brachyplatystoma rousseauxii (ehemals Brachyplatystoma flavicans) ist neben Brachyplatystoma platynemum die heikelste Brachyplatystoma-Art, was die Haltung und Eingewöhnung angeht. Dieser Wels frisst nur sehr sporadisch und ist extrem schreckhaft. Seine maximale Länge soll bei 1,50 Metern liegen, allerdings ist sein Wachstum sehr gemäßigt. Die sehr seltene und entsprechend teure Art liebt eine starke Strömung.

Amazonas Nr. 29 vom Mai/Juni 2010

 

Weitere Einzelheiten zu dieser Welsgattung (insbesondere auch zu den Haltungs- und Pflegevoraussetzungen wie Beckengröße und Filtervolumen sowie Fütterung) siehe meinen 2010 erschienenen Bericht

 

„Groß und bestimmt nicht artig – Flusswelse der Gattung Brachyplatystoma“,

 

AMAZONAS 29: 52-56.

© Enrico Richter / Berlin

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Kommentare: 1
  • #1

    Wolfgang Ros (Montag, 13 Dezember 2010 17:22)

    Hallo Rico – ich möchte dir ganz herzlich für diese Informationen und die herrlichen Fotos danken. Immerhin handelt es sich hier um die Beschreibung einer Gattung, deren farbenprächtige Arten ich selbst in aquaristischen Schauanlagen namhafter Zoos meist vergeblich suche. Und hier spricht jemand, der diese imposanten Pfleglinge nicht nur abgelichtet, sondern über viele Jahre hinweg selbst in vergleichsweise riesigen Becken gepflegt hast.

    Im Grunde erübrigt sich eine Vorstellung deiner Person, denn wer regelmäßig aquaristische Publikationen liest oder sich in einschlägigen Raubfischforen bewegt, für den bist du mit deinem Fachwissen und deinen Hochglanzfotos auch von seltenen Arten ohnehin kein Unbekannter. An dieser Stelle möchte ich aber wenigstens hervorheben, dass es Enrico Richter als Erstem gelungen ist, die Fortpflanzung von Barrakudasalmlern (Acestrorhynchus altus) im Aquarium in Wort und Bild festzuhalten, siehe dazu seinen 2008 zusammen mit Kai Arendt verfassten und im Aquaristik Fachmagazin (AF) Nr. 200 erschienenen Beitrag.

    Also nochmals Danke und weiterhin auf gute Zusammenarbeit!