Cephalosilurus nigricaudus und seine Abgrenzung zu Cephalosilurus apurensis

Cephalosilurus nigricaudus
Cephalosilurus nigricaudus - Blick auf das an der Wasseroberfläche lauernde Tier

In den letzten Jahren wurden unter der Bezeichnung „Pseudopimelodus nigricaudus" wiederholt Welse von breiter Gestalt eingeführt. Die durchweg bereits 15 bis 25 Zentimeter langen Tiere mit dem übergroßen Kopf und dem gewaltigen Maul sind der bislang vier Arten umfassenden Gattung Cephalosilurus zuzuordnen, der heute gültigen Bezeichnung für den früheren Gattungsnamen Pseudopimelodus. Frappierend sind die Ähnlichkeiten von C. nigricaudus mit C. apurensis, der am häufigsten importierten Art dieser Gattung. Lassen sich Unterscheidungsmerkmale herauskristallisieren?

 

Wohl weil sie so dunkel sind und finster zu blicken scheinen, werden diese plumpen, wenig schwimmfreudigen Welse mitunter sogar dem für seine Aggressivität berüchtigten C. fowleri zugeordnet, einer dritten Cephalosilurus-Art neben C. albomarginatus, der noch nicht für die Aquaristik eingeführt wurde. Hier ist im Grunde aber keine Verwechslung möglich. Denn C. fowleri ist abgesehen von der helleren Färbung klar durch seine schlankere Gestalt und seinen flacheren Kopf zu identifizieren. 

 

Cephalosilurus nigricaudus
Cephalosilurus nigricaudus von 15 cm Länge mit typischer Jugendfärbung

Der lateinische Name „nigricaudus" bedeutet „schwarzer Schwanz". Und in der Tat fällt bereits bei jungen Exemplaren von C. nigricaudus die sehr dunkle Färbung der Schwanzflosse auf. Andererseits ist laut einer persönlichen Mitteilung des brasilianischen Ichthyologen Dr. Oscar Shibatta (Londrina), der sich wissenschaftlich mit den Pseudopimelodidae beschäftigt, auch bei jungen Exemplaren von C. apurensis die Caudale recht dunkel; daraus lässt sich also kein Rückschluss auf eine der beiden Arten ziehen.

 

Cephalosilurus nigricaudus
Cephalosilurus nigricaudus von 35 cm Länge: Schwanzflosse und Schwanzstiel sind immer noch fast schwarz.

Derzeit pflege ich zwei in Körperbau und Färbung fast gleiche Exemplare, von denen eines von privater Seite und das andere über Tropic-Aquaristik als C. nigricaudus erworben wurde. Wie ein Abgleich mit einem weiteren Halter ergeben hat, stimmen sie in Form, Färbung und Verhalten völlig mit einem von der Aquarium Glaser GmbH vor rund zwei Jahren als „Pseudopimelodus nigricaudus" bezogenen Tier überein. Auf den ersten Blick sind sie meinen C. apurensis recht ähnlich. Preislich nehmen sich diese Arten übrigens nicht viel, als Jungtiere sind sie beide ab etwa 60 Euro aufwärts zu haben.

 

Was ist nun beiden Arten gemeinsam und, was viel wichtiger für den Welsliebhaber ist, wo liegen die Unterschiede? Hier einige Ansatzmöglichkeiten:

 

□ Fundort: Schon der Name von C. apurensis verrät es: Diese Art ist im Rio Apure Venezuelas zu finden. Das Herkunftsgebiet von C. nigricaudus soll auf Surinam beschränkt sein. Wird bei den Händlern wegen der genauen Herkunft dieser Tiere nachgehakt, so erfährt man zumeist nur, dass sie über Kolumbien oder Venezuela importiert wurden. Der genaue Fundort kann nur selten noch ermittelt werden. Kommt man dann auf Surinam zu sprechen, so wird darauf hingewiesen, dass zumindest zum fraglichen Zeitpunkt keine Exporte von dort erfolgten. Ein Widerspruch? Nicht unbedingt, wie ein Händler mir bestätigte, denn es würden auch Welse aus Surinam über Venezuela importiert. Im Übrigen ist es fraglich, ob sich das tatsächliche Verbreitungsgebiet von C. nigricaudus tatsächlich auf Surinam beschränkt.

 

□ Kiemenharken: Laut Dr. Shibatta schwankt die Zahl der Kiemenharken (auf Englisch: gill rakers; dabei handelt es sich um knöcherne oder knorpelige Fortsätze des Kiemenbogens) bei C. apurensis um 27, bei C. nigricaudus liegt sie zwischen elf und 16. Da eine solche Zählung nur bei toten Tieren vorgenommen werden kann, hilft sie dem Aquarianer bei der Bestimmung seines Exemplars kaum.

 

□ Färbung: Ganz offensichtlich gibt es Unterschiede in der Färbung. Zwar haben beide Arten durch ihre schwarzen, teils streifenförmig angeordneten Flecken ein auffallendes Jugendkleid. Das von C. nigricaudus ist allerdings insgesamt deutlich dunkler gefärbt als das von C. apurensis, welches vor allem im Kopfbereich hellbräunlich ist. Die bei C. nigricaudus mehr, bei C. apurensis weniger deutlich ausgeprägten Streifen werden später durch Punkte unterschiedlicher Größe ersetzt; allerdings bleibt auch bei adulten Exemplaren von C. nigricaudus durch die Vielzahl sich berührender Flecke so etwas wie ein großes schwarzes, sich über den ganzen hinteren Körperbereich erstreckendes Farbband. Bereits bei einem 30 Zentimeter langen C. apurensis sind Schwanzflosse und Schwanzstiel bei weitem nicht mehr so dunkel.

 

 

Cephalosilurus nigricaudus
Cephalosilurus apurensis
Cephalosilurus nigricaudus und Cephalosilurus apurensis (unten) im unmittelbaren Vergleich.

 

□ Körperbau: Im Vergleich zu seinem Gattungsgenossen ist der Körper von C. nigricaudus etwas flacher und das hintere Drittel wie lang gezogen; C. apurensis wirkt zumal im Alter durch seinen bulligeren Kopf besonders massig. Beide Arten haben auch eine leicht unterschiedliche Maulpartie.

 

□ Wachstum und Endlänge: Die Marke von 40 Zentimetern überschreiten C. nigricaudus wie C. apurensis, als Jungtiere von 15 Zentimetern gekauft, etwa gleichschnell nach spätestens 18 Monaten. Danach verlangsamt sich das Wachstum bei beiden. Entgegen den Angaben von Fishbase ist bei C. nigricaudus von einer Mindestlänge auszugehen, die bei einem halben Meter liegt, und der laut Fishbase kleinere der beiden, C. apurensis, erreicht sogar 65 bis 75 Zentimeter (vgl. Fishbase-Website, abgelesen am 31.01.2008: Dort wurde die maximale Länge von C. apurensis mit 29 Zentimetern und die von C. nigricaudus mit 35 Zentimetern angegeben, wobei es sich in beiden Fällen um männliche Tiere handelte). 


□ Verhalten: Eigentlich könnte man das Verhalten meiner Exemplare von C. nigricaudus so auf den Punkt bringen: Sie lieben es, sich zu verstecken. Und sie fressen für ihr Leben gern. Beides trifft zwar im Grunde auch auf C. apurensis zu. Dennoch, wer beide Arten pflegt, wird bald feststellen, dass C. nigricaudus zum einen etwas lichtscheuer ist, zum anderen aber noch gefräßiger. Dies gilt es bei seiner Haltung - am besten in einem Becken mit einem Fassungsvermögen von etwa 800 Litern aufwärts - zu berücksichtigen. Gedämpftes Licht und die Bereitstellung eines der Körpergröße angemessenen Verstecks sind somit angesagt. Auf das Verabreichen lebender Fische ist man nicht angewiesen; Würmer, Muschelfleisch und nach Gewöhnung auch Fischfilet verschlingen die Lauerräuber in riesigen Portionen. Wenn überhaupt, sollte man die Fische daher nur als Jungtiere mit großen und dazu hochrückigen Fischen vergesellschaften. Bei einer Temperatur von 23 bis 26° Celsius und ansonsten „normalen" Wasserwerten erweist sich die Art als sehr robust.

 

Auch im Verhalten gegenüber dem Pfleger gibt es Besonderheiten: C. nigricaudus braucht mehr Zeit für seine Eingewöhnung und lässt sich nicht so rasch zähmen wie C. apurensis. Und wenn das Futter von Hand gereicht wird, erweist sich diese Art als die eigenwilligere, unberechenbarere und damit letztlich auch bissigere, bei der man besondere Vorsicht an den Tag legen sollte. 

 

Raubwels Cephalosilurus nigricaudus
Cephalosilurus nigricaudus: Bei diesem aggressiven Raubwels ist am besten Einzelhaltung angesagt.

Art- und Gattungsgenossen gegenüber gibt sich C. nigricaudus weitaus aggressiver als C. apurensis. Mit dem Eintritt der Geschlechtsreife wird dieser Wels auch gegenüber anderen Beifischen jedweder Art und Größe angriffslustig. Sofern er diese nicht überwältigen und verschlingen kann, wird er ihnen durch kräftiges Zubeißen gefährlich. Dieses Verhalten dient allein zu dem Zweck, alle weiteren - und seien es auch nur potentielle - Nahrungskonkurrenten aus dem eigenen Revier zu vertreiben. Die Art ist sogar imstande, alles anzugehen, was sich wie etwa Heizer oder Pumpe ungeschützt im Becken befindet. So konnte ich bei meinem größeren, zwischenzeitlich fast halbmeterlangen Exemplar beobachten, wie es einem zusätzlich installierten Innenfilter die Daseinsberechtigung verweigerte und so lange mit dem Kopf gegen schlug, bis ich das Gerät wieder entfernt hatte. 

 

Alles in allem ist C. nigricaudus in seiner Färbung vergleichsweise ansprechender. Er wird auch nicht ganz so groß wie sein Gattungsgenosse, gleicht dies aber durch höhere Aggressivität gegenüber dem Pfleger und potentiellen Beifischen aus. Wer also das Mysteriöse, Unberechenbare, zugleich aber Faszinierende sucht, sollte sich für diese Art entscheiden. Wer hingegen seine Freude an einem ruhigen, einigermaßen verlässlichen Fressriesen hat, der auch Streicheleinheiten gegenüber empfänglich ist, dem ist C. apurensis zu empfehlen.

 

Literatur
Arendt, Kai (2004): Cephalosilurus apurensis (Mees, 1978), ein Raubwels aus den Llanos Venezuelas, AF 178: 26.

Ros, Christopher & Ros, Wolfgang (2007): Cephalosilurus apurensis - Ein gefräßiger Lauerräuber, aber nicht ohne Charme, Datz 60 (5): 38-42.

Werner, André (2005): Neu importiert - Cephalosilurus fowleri, Datz 58 (11): 29.

 

 

Aquaristik Fachmagazin & Aquarium heute (AF) 40 (1), Nr. 199 Wolfgang Ros

Dieser Artikel wurde im Februar/März 2008 publiziert im:

"Aquaristik Fachmagazin & Aquarium heute" (AF) 40 (1), Nr. 199: 34-36.

 

© Copyright Text und Fotos:

Aquaristik-Fachmagazin/Tetra Verlag GmbH

Die Wiedergabe des Beitrags erfolgt hier mit freundlicher Erlaubnis von Dr. Hans-Joachim Herrmann und Eckhard Grell-Herrmann; Dank an dieser Stelle auch an Dr. Oscar Shibatta für seine Detailinformationen!

 

Wolfgang Ros